Jetzt legt er ein neues Album vor. (von Werner Herpell, dpa Berlin).
Ist das noch liebenswerte Kauzigkeit oder schon Altersstarrsinn, wenn ein Weltstar wie Neil Young seine Schrullen mit einer neuen Platte derart auslebt? Er hat „A Letter Home“ so aufgenommen, dass das Album seine ohnehin sehr spezielle Sound-Ästhetik nochmals erweitert – nach unten. So viel Warnung muss also sein: Auch treue Young-Fans könnten in diesem Fall mit seiner kompromisslosen Veröffentlichungspolitik Probleme haben. Die elf Cover-Versionen zu alten Songs von Bob Dylan, Willie Nelson, Bruce Springsteen oder Gordon Lightfoot hören sich an, als ob sie von einer uralten Schellackplatte stammten, mit Rauschen, Rumpeln, Knistern und Klangverzerrungen. Irgendwo dazwischen die Fistelstimme des 68-Jährigen, seine Gitarre, seine Mundharmonika, einmal auch Klavier. Auslöser für diese besondere Skurrilität in Youngs kurven- und kapriolenreicher Karriere war sein neuer Kumpel Jack White.
„Ein warmes Gefühl“
Der 30 Jahre jüngere US-Singer/Songwriter und Indierock-Erneuerer (The White Stripes, The Raconteurs), nebenbei erfolgreicher Betreiber des Plattenlabels Third Man Records, machte den Altmeister mit einem Do-It-Yourself-Aufnahmegerät von 1947 bekannt: dem Voice-O-Graph, einer telefonzellengroßen Aufnahmekabine, in der Songs sofort auf Vinyl gepresst werden können. „Wodurch dem Album das warme und ursprüngliche Gefühl alter, volkstümlicher Vintage-Aufnahmen innewohnt“, wie Youngs Label Warner pflichtschuldig schwärmt. „Ich habe den Voice-O-Graph ausprobiert und sagte gleich danach zu Jack: „Damit will ich ein ganzes Album machen““, so Young im Magazin „Rolling Stone“. Nun hat die Vorstellung, wie dieser stets für authentischen, notfalls auch rohen Klang eintretende Hüne sich in eine enge Kiste zwängt und dort ohne jeden Schnickschnack alte Folk- und Country-Lieder aus fremder Feder einspielt, durchaus Charme. „A Letter Home“ sei „ein historisches Kunstprojekt“, sagt Young – wohl weil es in bewusst intimer, primitiver Form klassisches Americana-Liedgut konserviert und aus dem MP3-Zeitalter herauslöst.
Prähistorischer Klang
Zugleich schlägt der Kanadier wieder mal eine Volte, denn gerade erst war er mit dem selbstentwickelten „Pono-Player“ für eine ganz neue, bahnbrechende Qualität der digitalen Musikwiedergabe eingetreten. „Pono ist hawaiianisch – es bedeutet gerecht“, sagt er über das Projekt, mit dem er das für seine Ohren mies klingende MP3-Format ablösen möchte. Von solcher Sound-Schönheit konnte sich der legendäre Gitarrist und Sänger kaum weiter entfernen als mit „A Letter Home“. Young hatte erst kürzlich mit seiner Lieblings-Begleitband Crazy Horse ein Highlight abgeliefert: „Psychedelic Pill“ (2012), ein Doppelalbum mit ausufernden Gitarrenrock-Songs von ungeheurer Wucht, gilt als eine seiner stärksten Platten seit den Anfängen vor knapp 50 Jahren. Dass er diesem Kracher nun ein prähistorisch klingendes Solo-Werk folgen lässt - typisch Young. „Es trägt einen zurück in die Vergangenheit“, so beschreibt der schon länger zur Sentimentalität neigende Songwriter das wohl nicht ganz bierernst gemeinte Projekt.
Bessere Musik im Köcher
Ach ja, die Songs: Bei aller Beschränktheit des Sounds klingt die Young-Version von Dylans „Girl From The North Country“ hübsch nach dem eigenen Klassiker „Heart Of Gold“, auch Tim Hardins „Reason To Believe“, Springsteens „My Hometown“ oder Lightfoots „Early Morning Rain“ haben in den LoFi-Fassungen ihre Reize. Das Titelstück ist gar eine Anrufbeantworter-Botschaft Youngs an seine vor Jahren gestorbene Mutter, in der er unter anderem von einem TV-Wetterfrosch namens Al erzählt. Rührend, amüsant - und auch etwas wunderlich. Als vollwertige Young-Platte muss man das Sound-Experiment „A Letter Home“ also nicht ansehen. Da hat dieser unberechenbare, aber eben auch unermüdlich kreative und originelle Künstler gewiss schon jetzt wieder interessantere, vor allem besser aufgenommene Musik im Köcher.
„Ein warmes Gefühl“
Der 30 Jahre jüngere US-Singer/Songwriter und Indierock-Erneuerer (The White Stripes, The Raconteurs), nebenbei erfolgreicher Betreiber des Plattenlabels Third Man Records, machte den Altmeister mit einem Do-It-Yourself-Aufnahmegerät von 1947 bekannt: dem Voice-O-Graph, einer telefonzellengroßen Aufnahmekabine, in der Songs sofort auf Vinyl gepresst werden können. „Wodurch dem Album das warme und ursprüngliche Gefühl alter, volkstümlicher Vintage-Aufnahmen innewohnt“, wie Youngs Label Warner pflichtschuldig schwärmt. „Ich habe den Voice-O-Graph ausprobiert und sagte gleich danach zu Jack: „Damit will ich ein ganzes Album machen““, so Young im Magazin „Rolling Stone“. Nun hat die Vorstellung, wie dieser stets für authentischen, notfalls auch rohen Klang eintretende Hüne sich in eine enge Kiste zwängt und dort ohne jeden Schnickschnack alte Folk- und Country-Lieder aus fremder Feder einspielt, durchaus Charme. „A Letter Home“ sei „ein historisches Kunstprojekt“, sagt Young – wohl weil es in bewusst intimer, primitiver Form klassisches Americana-Liedgut konserviert und aus dem MP3-Zeitalter herauslöst.
Prähistorischer Klang
Zugleich schlägt der Kanadier wieder mal eine Volte, denn gerade erst war er mit dem selbstentwickelten „Pono-Player“ für eine ganz neue, bahnbrechende Qualität der digitalen Musikwiedergabe eingetreten. „Pono ist hawaiianisch – es bedeutet gerecht“, sagt er über das Projekt, mit dem er das für seine Ohren mies klingende MP3-Format ablösen möchte. Von solcher Sound-Schönheit konnte sich der legendäre Gitarrist und Sänger kaum weiter entfernen als mit „A Letter Home“. Young hatte erst kürzlich mit seiner Lieblings-Begleitband Crazy Horse ein Highlight abgeliefert: „Psychedelic Pill“ (2012), ein Doppelalbum mit ausufernden Gitarrenrock-Songs von ungeheurer Wucht, gilt als eine seiner stärksten Platten seit den Anfängen vor knapp 50 Jahren. Dass er diesem Kracher nun ein prähistorisch klingendes Solo-Werk folgen lässt - typisch Young. „Es trägt einen zurück in die Vergangenheit“, so beschreibt der schon länger zur Sentimentalität neigende Songwriter das wohl nicht ganz bierernst gemeinte Projekt.
Bessere Musik im Köcher
Ach ja, die Songs: Bei aller Beschränktheit des Sounds klingt die Young-Version von Dylans „Girl From The North Country“ hübsch nach dem eigenen Klassiker „Heart Of Gold“, auch Tim Hardins „Reason To Believe“, Springsteens „My Hometown“ oder Lightfoots „Early Morning Rain“ haben in den LoFi-Fassungen ihre Reize. Das Titelstück ist gar eine Anrufbeantworter-Botschaft Youngs an seine vor Jahren gestorbene Mutter, in der er unter anderem von einem TV-Wetterfrosch namens Al erzählt. Rührend, amüsant - und auch etwas wunderlich. Als vollwertige Young-Platte muss man das Sound-Experiment „A Letter Home“ also nicht ansehen. Da hat dieser unberechenbare, aber eben auch unermüdlich kreative und originelle Künstler gewiss schon jetzt wieder interessantere, vor allem besser aufgenommene Musik im Köcher.
Der Artikel stammt aus dem ST aus Plettenberg, wurde aber auch von vielen Tageszeitungen veröffentlicht.
Selbst bin ich "alter" Young Fan und vermutlich werde ich mir die Scheibe auch besorgen. Selbst bei allem Knarren und rauschen. Da ich auch noch sehr gerne meine Langspielplatten hören, bleibt dort manchmal ein knacken nicht aus. ....und mein Vater hatte noch Schellackplatten, die aber vor gut 40 Jahren aussortiert worden sind, als der neue Schallplattenspieler die 78er Geschwindigkeit nicht hatte.
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