Als sie Jesus gekreuzigt hatten, verteilten sie seine Kleider und warfen das Los darum. (Matthäus 27,35)
Jesus wird abgeführt nach Golgatha. Die römischen Soldaten kreuzigen ihn. Kurz vorher waren es die gleichen Soldaten, die ihn geißelten und verhöhnten. Und was macht Jesus? Nichts! Alle um ihn herum sind beschäftigt, engagiert, neugierig. Sie ziehen ihn aus, auch mit Worten. Sie spotten und fluchen. Und Jesus tut nichts. Er lässt alles geschehen. Er erduldet alles. Doch die Soldaten sind nicht die Einzigen, die daran Schuld haben, dass Jesus den Kreuzestod erleidet. Ja, auch wir sind daran beteiligt. Die Sünde der ganzen Welt ist der Grund dafür, dass Jesus am Kreuz hängt. Wir alle sind seine Peiniger. Jede Schuld, jeder Ungehorsam schlägt die Nägel tiefer ins Kreuz. Und was macht Jesus? Nichts! Er lässt es geschehen. So schafft er den Frieden zwischen Gott und uns. Er verdammt niemanden, sondern vergibt uns, genau wie den römischen Soldaten (Lukas 23,34). Dazu ist er gekommen: um die Sünde der Welt auf sich zu nehmen und zu ertragen. (L-FC)
André, der Kunstmaler, fällt mit seinen schwarzen, krausen Haaren überall auf. Ich schaue mir eines seiner Bilder an: Auf dunklem Hintergrund ist ein Holzkreuz zu sehen, an dem unser Herr Jesus hängt. Und das Besondere: Der Betrachter muss nicht zum Kreuz hinaufschauen, sondern er sieht den Mann am Kreuz von oben. Die Finger der durchbohrten Hände haben sich verkrampft. So habe ich die mörderische Hinrichtungsprozedur noch nie gesehen. Doch dann entdecke ich: Am selben Kreuz hängt eine zweite Person. Der Kopf ist tief nach unten gebeugt. Nur die krause, schwarze Haarfülle meine ich zu erkennen. "André!" Ich wende mich dem Künstler zu. Er hält beide Hände vor sein Gesicht und schluchzt: "Der andere - das bin ich. Ich Sünder!" Er verbringt die folgende Stunde mit "Auspacken". Als ich ihm in Jesu Namen Vergebung zuspreche, steht ein anderer vor mir, der nun tief und glücklich durchatmen kann.
Gerhard Jan Rötting
Gerhard Jan Rötting
(aus dem Neukirchener Kalender)
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