Ein Bericht aus meiner "Süderländer":
Bis auf einen Kinderstar hat Olivia de Havilland alle Leinwandpartner aus dem Südstaatenepos „Vom Winde verweht“ aus dem Jahr 1939 überlebt. Clark Gable alias Rhett Butler starb vor 55 Jahren. Vivian Leigh, die Scarlett O‘Hara spielte, war 53 Jahre alt, als sie 1967 leblos neben ihrem Bett gefunden wurde. Leslie Howard, im Film Scarletts heimliche Liebe Ashley, kam schon im Zweiten Weltkrieg ums Leben. Doch de Havilland, die kluge und tugendhafte Melanie, feiert heute ihren 100. Geburtstag.
Es sei doch ein Privileg, dass sie noch die Erinnerung an den Film wachhalten könne, sagte die Schauspielerin im vergangenen Jahr „Entertainment Weekly“ in ihrer langjährigen Pariser Wahlheimat. 1955 hatte sie den französischen Schriftsteller und Journalisten Pierre Galante geheiratet und Hollywood den Rücken gekehrt.
Doch sie denke gerne an „Vom Winde verweht“, das sie etwa 30 Mal gesehen habe, und an ihre Co-Stars. Mit dem Film verbindet sie aber auch eine bittere Enttäuschung. In der Oscar-Nacht 1940 wurde das Südstaatendrama mit acht Trophäen ausgezeichnet, sie ging als Nebendarstellerin aber leer aus.
Doch den Verlust machte De Havilland später wett. 1946 gewann sie ihren ersten Oscar in der Hauptrolle von „To Each His Own“ („Mutterherz“), ein Drama um eine ledige Mutter. Drei Jahre später kam die Auszeichnung als beste Schauspielerin in William Wylers Rachedrama „Die Erbin“.
De Havilland hatte einen Traumstart in Hollywood. Als Kind britischer Eltern in Tokio geboren, kam sie noch als Kleinkind nach Kalifornien. Der österreichische Theatermann Max Reinhardt entdeckte sie 19-jährig in der Rolle der Hermia in Shakespeares „Sommernachtstraum“. Das Filmstudio Warner Brothers nahm sie gleich für sieben Jahre unter Vertrag und brachte sie an der Seite von Errol Flynn groß heraus. Acht Filme drehte sie mit dem Herzensbrecher, darunter die Abenteuerfilme „Der Verrat des Surat Khan“ und „Robin Hood, König der Vagabunden“.
Der frühe Ruhm hatte seinen Preis. Der Zeitschrift „Vanity Fair“ vertraute De Havilland an, dass sie damals „keine richtigen Freunde“ hatte und unter dem harten Wettbewerb litt. Zugleich sorgte die bittere Fehde mit ihrer Schwester Joan Fontaine für Schlagzeilen. Der Streit vertiefte sich, als beide 1942 für einen Oscar nominiert wurden und die jüngere Joan für ihre Rolle in dem Hitchcock-Thriller „Verdacht“ gewann. In ihrer 1978 erschienenen Autobiografie „No Bed Of Roses“ schrieb Fontaine, dass die beiden einander schon als Kinder nicht mochten.
Schlagzeilen machte De Havilland auch mit ihrem Feldzug gegen die Macht der Filmstudios. Anfang der 40er Jahre prozessierte sie erfolgreich gegen Warner Bros., um sich aus einem langjährigen Vertrag zu befreien. Ihre letzten großen Auftritte hatte sie als neurotische Exzentrikerin in „Der schwarze Spiegel“ (1946), in der Romanverfilmung „Meine Cousine Rachel“ (1952) und mit ihrer langjährigen Freundin Bette Davis in dem Psychothriller „Wiegenlied für eine Leiche“ (1964).
Auch im hohen Alter, das man De Havilland kaum ansieht, zeigt sich der Hollywood-Star noch in der Öffentlichkeit. Ihre Langlebigkeit schreibt sie laut „Vanity Fair“ den drei L-Worten „Liebe, Lachen und Licht“ zu. Wie die zweifache Mutter der Zeitschrift verriet, kann sie ihren 100. Geburtstag kaum erwarten. „Die Vorstellung, ein ganzes Jahrhundert zu leben, gefällt mir sehr. Stellen sie sich das einmal vor. Was für eine Leistung.“ (dpa)