Mittwoch, 14. Dezember 2022

Auf zwei Rädern im Namen des HERRN unterwegs

 

Spießer sein, das wollte Jörg Fischer nie. Früher ließ er keine Party aus. Doch die Erfüllung fand er erst im Glauben. Heute verbindet er seine Leidenschaft für Motorräder mit Gottes Wort: als Biker-Prediger.

"Es ging mir auf den Nerv, dass jedes Gefühl für die in der Bikerszene so beliebten Begriffe wie Freiheit und Freude ständig der Gegenseite zugeschrieben wird", erzählt der Evangelist und spielt damit auf Ausdrücke wie "Hell" (Hölle) oder "Devil" (Teufel) an. "Wir wollen dieses Feeling und den Fahrspaß dem zuschreiben, der dafür zuständig ist: Gott."

Mit "wir" sind die "Holy Riders" gemeint. Dieser Club ist offen für alle, unabhängig von Alter, Geschlecht oder Religionszugehörigkeit. Mit der Biker-Bibel wollen sie die Motorrad-Gemeinde erreichen, ins Gespräch kommen. "Hier fährt kein Apostel mit ’ner Harley durch Jerusalem", lacht Fischer, "das Neue Testament und Teile aus dem Alten sind eingebettet in Erlebnisberichte von Menschen und spannenden Lebenswenden, vorwiegend aus dem Rocker-Milieu."

Allein über seine eigenen Glaubens-Erfahrungen könnte der 47-Jährige ein ganzes Buch füllen. "Viele sprechen von Schicksal, Zufall oder Glück", so der gelernte Textilveredler, während er seine Überzeugung mit einem Beispiel illustriert: "Meine Kawasaki war Schrott, ich hatte kein Geld. So betete ich um ein neues Motorrad und war danach über meine eigene Dreistigkeit erschrocken."

Zeitgleich versuchte ein Händler, im Internet eine BMW zu verkaufen. Trotz mehrmaliger Preisreduzierung erfolglos. Die beiden Christen trafen aufeinander. "Der Typ drückte mir Schlüssel und Papiere in die Hand mit den Worten: Is’ vom Herrn, nutze sie dafür." Ungläubige Blicke nach dieser Geschichte beantwortet Fischer mit der Frage: "Warum soll Kommunikation nicht auf diesem Weg funktionieren?"

Die theologische Ausbildung an der Bibelschule Brake gab dem Salzufler den, so sagt er, nötigen Background, um sein Wissen und seine Begeisterung weiterzugeben. So arbeitet er mit Jugendgruppen, hat bereits bei Gottesdiensten in den USA, in Ungarn oder Norwegen gepredigt.

Fischer ist buchbar für Biker-Hochzeiten sowie Beerdigungen und schwärmt von dem Gänsehautgefühl, wenn beim "Amen" die Zündschlüssel gedreht werden und Hunderte Maschinen laut aufheulen. "Das sind klassische Zeremonien mit Benzingeruch", sagt der Biker-Prediger und gibt durchaus zu, dass Show-Effekte wie qualmende Reifen oder der Auspuff-Salut-Schuss von den Bikern nur zu gerne in Anspruch genommen werden.

Motorradclub mit christlichem Hintergrund

Der "Holy Riders MC" wurde 1981 in Norwegen gegründet und unterhält dort 20 Chapter. 1999 wurde im Großraum Stuttgart ein deutsches Chapter gegründet. Mittlerweile gibt es Holy Riders in allen Teilen Deutschlands. Um die Akzeptanz in der Motorradszene herzustellen, wird auch hier die übliche Club-Hierarchie eingehalten. "Member" tragen als Zeichen ihrer Gesinnung ein weißes Kreuz mit weißem Banner mit der Aufschrift "Holy Riders MC Germany" auf schwarzem Grund. (sc)
aus: LZ.de Sandra Castrup

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