Mord an Christen
(ideaSpektrum) - Vor genau zwei Jahren erschütterte das Schicksal von zwei jungen Frauen viele Christen in Europa: Die beiden Bibelschülerinnen Anita Grünwald (24) und Rita Stumpp (26) aus Wolfsburg wurden am 12. Juni im Jemen entführt und am 15. Juni tot aufgefunden.
(idea-Mitarbeiter Klaus Rösler erinnert an die beiden christlichen Märtyrerinnen und an die Folgen ihres gewaltsamen Todes.)
Zum Hintergrund: Die beiden Christinnen wollten in dem vorderasiatischen Land den Ärmsten der Armen helfen und absolvierten deshalb ein Praktikum als Pflegehelferinnen in einem staatlichen Krankenhaus in Saada im Norden des Landes. Anita und Rita sind Cousinen. Als überzeugte Christinnen wollen sie ihr Leben dazu einsetzen, dass es auf der Welt etwas gerechter zugeht. Noch während ihrer Ausbildung – Anita wird Kinderkrankenschwester, Rita Sozialversicherungsfachangestellte – fliegen beide mehrmals auf eigene Kosten nach Afrika. In Malawi – einem der ärmsten Länder der Erde – kümmern sie sich um Waisenkinder. Anita gefällt die Arbeit dort so gut, dass sie nach ihrer Ausbildung gleich wieder hinfliegt, zu einem Freiwilligen Sozialen Jahr. Warum handeln die beiden so selbstlos? Weil Jesus ihr Vorbild ist. Sie haben den christlichen Glauben zwar von Kindheit an in ihren Familien kennengelernt. Doch sie merken auch, dass es gut wäre, noch mehr über Gott und die Bibel zu wissen. Deshalb schreiben sie sich zu einer dreijährigen Ausbildung in der evangelikalen Bibelschule Brake im lippischen Lemgo (bei Bielefeld) ein. Dort lernen sie eine Hebamme kennen, die über ihre Arbeit in Saada im Jemen berichtet. Anita und Rita fühlen sich sofort angesprochen. Für sie steht fest: Das nächste Praktikum – kurz vor Abschluss ihrer Ausbildung – machen sie genau dort.
Jemen: Auf Abfall vom Islam steht die Todesstrafe
Dass es dort vielleicht gefährlich werden könnte, wissen sie. Aber sie haben keine Angst. Sie gehen nicht auf Abenteuerurlaub, sondern zu einem Hilfseinsatz. Sie informieren sich ausführlich über das Land. Sie erfahren, dass das Krankenhaus von der Bevölkerung sehr geschätzt wird und dass dort seit 30 Jahren nie etwas passiert ist. Im Jemen – das Land ist eineinhalb Mal so groß wie Deutschland und hat 22 Millionen Einwohner – ist der Islam Staatsreligion. Sie wissen: Die Werbung für andere Religionen ist in dem Land verboten. Der Abfall vom Islam wird sogar mit dem Tod bestraft. Den beiden Frauen ist auch bekannt, dass es knapp ein Jahr zuvor – am 17. September 2008 – einen Terroranschlag auf die Botschaft der USA gab. Und dass am 12. Dezember 2008 drei deutsche Staatsangehörige verschleppt wurden. Sie kamen aber kurze Zeit später wieder frei. Dennoch hatte das Auswärtige Amt in Berlin eine Reise- und Sicherheitswarnung erlassen, in der bei Reisen in den Jemen „wegen bestehender Terrorgefahr und Risiko von Entführungen zu besonderer Vorsicht“ geraten wird.
Der Vater will die Tochter von der Jemen-Reise abhalten
Einen Tag vor ihrem Abflug hat Vater Viktor Grünwald ein langes Gespräch mit seiner Tochter Anita. Sie scherzen miteinander. Dennoch hat er ein ungutes Gefühl: „Ich musste weinen. Ich weine sonst nie. Ich habe mir um Anita Sorgen gemacht.“ Er bittet seine Frau, Anita von der Reise abzuhalten. Er selber kann nur schlecht etwas sagen. Denn seine Tochter weiß, dass er kein Christ ist. Wenn er sich nun gegen einen christlichen Einsatz aussprechen würde, könnte das missverstanden werden. Er begleitet seine Familie zwar zum Gottesdienst, doch es ist ihm bewusst, dass er „nur halb dazugehört“. Denn er hat sich nie für ein Leben mit Jesus Christus entschieden. Und er weiß von einem Gespräch, das Anita mit ihrer Mutter geführt hat. Da ist der bedeutungsschwere Satz gefallen: „Wenn Papa dadurch zum Glauben käme, wäre ich bereit, dafür zu sterben.“ Hat er eine Vorahnung, oder ist es nur die Angst, die viele Väter beschleicht, wenn die Tochter auf Reisen geht? Viktor Grünwald weiß es nicht. Am 3. Juni fliegen Anita und Rita in den Jemen. Einen Tag später erhalten die Eltern eine SMS: „Wir leben nicht nur, sondern wir wurden hier richtig willkommen geheißen. So einen reibungslosen Ablauf hat bisher noch keiner von uns erlebt. Wir haben das Visum bekommen und der Abholer hat uns direkt am Ausgang empfangen. Wir können nur Danke sagen, weil es wirklich kein einziges Problem gab. Wir lieben Euch! Rita & Anita“. Es ist ihr letztes Lebenszeichen.
Sind die Entführer Terroristen?
Am 12. Juni haben die beiden frei. Mit Kollegen ist ein Ausflug in die Berge geplant. Mit dabei sind der Maschinenbauingenieur Johannes Hentschel, seine Frau Sabine und ihre Kinder Simon (1), Anna (3) und Lydia (5), ein britischer Ingenieur und eine Lehrerin aus Südkorea. Die Hentschels sind seit 2003 für das christliche, niederländische Hilfswerk „Worldwide Services" in dem Krankenhaus tätig. Was bei dem Ausflug passiert, darüber kann man nur spekulieren. Fest steht: Die Christen werden entführt. In der Region kämpfen Regierungstruppen gegen schiitische (also auch islamische) Rebellen. Medien wollen erfahren haben, dass die Entführung zwischen schiitischen Rebellen und dem islamischen Terrornetzwerk al-Qaida abgestimmt sein soll. Drei Tage nach der Entführung werden die Leichen der beiden Deutschen und der Koreanerin gefunden. Alle drei weisen Schüsse in den Hinterkopf auf. Von den übrigen Entführten gibt es keine Spur. Elf Monate später kommen überraschend die Kinder Anna und Lydia frei. Von ihren aus einem Dorf nahe Bautzen (Sachsen) stammenden Eltern, ihrem kleinen Bruder und dem Briten fehlt indes bis heute jedes Lebenszeichen.
2.000 Trauergäste - Die Sehnsucht ist groß
Die Leichen von Anita und Rita werden nach Deutschland überführt. An ihrer Trauerfeier in der Wolfsburger Immanuelgemeinde am 23. Juni nehmen rund 2.000 Trauergäste teil. Das Bundeskriminalamt rät den Eltern, sich die Toten nicht noch einmal anzusehen. Christliche Jugendgruppen aus ganz Deutschland beten für die Familien. Hunderte von Karten erreichen die Trauernden, in denen wildfremde Menschen ihre Anteilnahme bekunden. Manchmal sind diese Karten ein Trost, manchmal auch nicht. „Die Sehnsucht, Anita zu hören, sie zu umarmen, ist sehr groß. Diese Sehnsucht ist durch nichts zu stillen. Es bleibt uns nur, den Schmerz zu ertragen", sagt Mutter Rita Grünwald.
Anklage in den Medien: Sind die Deutschen selbst schuld?
Was die Familien - und nicht nur sie - aber besonders schmerzt, sind die Medien. Da werden nicht die Täter angeklagt, sondern es wird offen die Frage diskutiert: Haben die Bibelschülerinnen nicht selbst Schuld an ihrem Tod, weil sie in den Jemen gingen? Warum ging die entführte Familie Hentschel nicht in ein Krankenhaus in einem weniger gefährlichen Land? Da fragt die „Welt am Sonntag": „Waren die gläubigen Christinnen wirklich nur im Sozialdienst tätig - oder auch als Missionare?" „Bild" behauptet gar, die Geiseln seien ermordet worden, „weil der Familienvater im Jemen die Bibel verbreitete" (was nicht stimmte). Die „Berliner Zeitung" kommentierte kritisch: „Auch zu viel Christenliebe macht blind." Kein Wort wird darüber verloren, dass Nächstenliebe seit 2.000 Jahren das Kennzeichen der Christen ist. Oder wäre es besser gewesen, die Jemeniten einfach sich selbst zu überlassen? Anita und Rita wollten den Auftrag ihres Herrn erfüllen: „Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan" (Matthäus 25,40). Erst im April dieses Jahres erscheint auf Bibel TV eine Dokumentation, in der nachgewiesen wird, dass die beiden Wolfsburgerinnen eben nicht grob fahrlässig an einer „selbstmörderischen Missionsoffensive" beteiligt und deshalb von muslimischen Extremisten hingerichtet worden waren. Sie wollten helfen.
Nach dem Tod der Tochter wird Anitas Vater Christ
Anitas Wunsch an ihren Vater, ein Jesus-Nachfolger zu werden, geht in Erfüllung. Viktor Grünwald wird Christ. Doch Fragen und Zweifel bleiben. Er sagt: „Ich komme von der Warum-Frage nicht los. Und manchmal schimpfe ich auch. Aber der Tod kann nicht das Ende sein. Dann wäre der Schmerz nicht zu ertragen und alles wäre sinnlos. Ich habe die Hoffnung, meine Tochter wiederzusehen." Die Familien Stumpp und Grünwald nehmen im September 2009 auch an der Absolvierungsfeier der Bibelschule Brake teil, wo in der ersten Reihe zwei Stühle frei bleiben. Anita und Rita hätten da ihre Urkunden bekommen sollen.
Ein Traum wird wahr: Ein Kinderheim in Malawi entsteht
Anitas Traum war es, ein Waisenheim zu gründen. Ihre Immanuelgemeinde - eine der größten in Wolfsburg - sorgt dafür. Die bis zu 800 Gottesdienstbesucher zählende Gemeinde besteht vor allem aus russlanddeutschen Baptisten. Unter ihren über 600 Mitgliedern finden sich zahlreiche Helfer, die nach Malawi reisen, um in der Ortschaft Mdeka ein Kinderdorf auf die Beine zu stellen, gemeinsam mit dem überkonfessionellen evangelikalen Missionswerk „To all Nations". Das Projekt heißt „Aus Liebe zu Jesus". Das Dorf wird im November 2010 eingeweiht. Nach Ende des Ausbaus sollen dort über 100 Kinder ein neues Zuhause finden. Finanziert wird es durch Kinderpatenschaften. Für 35 Euro im Monat kann ein Kind dort umfassend betreut werden.
Ein Brief an die tote Schwester
Auch die Familien von Anita und Rita unterstützten das Projekt. Auf der von ihnen betreuten Internet-Erinnerungs-Seite „anitaundrita.de" rufen sie dazu auf, für Malawi zu spenden. Zugleich berichten sie offen und ehrlich, wie es ihnen geht. Der letzte Eintrag stammt von Ende April. Ritas Schwester Kristin hat einen Brief an ihre tote Schwester geschrieben. Darin heißt es: „Gerade jetzt brauche ich dich so sehr. Ich vermisse dich. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an dich denke. Ich brauche deine Ratschläge, deine liebevolle Art. Du hast mich so genommen wie ich bin. Du fehlst mir so sehr."
Die Heimatgemeinde erlebt eine geistliche Erneuerung
Auch in der Gemeinde sind Anita und Rita unvergessen. Ein „schwarzes Brett" im Gemeindezentrum berichtet über die Aktivitäten der Gemeinde im Ausland. Dort hängen Bilder der beiden Toten. Es geht um Mission und Entwicklungshilfe, auch um das ihnen gewidmete Kinderdorf in Malawi. Ebenso gibt es auf der Homepage der Gemeinde eine Rubrik „Anita und Rita". Dort heißt es: „Der Tod dieser beiden jungen Frauen hat die Gemeinde sehr erschüttert. Anita und Rita hatten in ihrem Leben eine ganz klare Vision: den Ärmsten der Armen - den Kindern - praktisch zu helfen." Gemeindeleiter Johann Dockter räumt ein, dass die Gemeinde nach dem tragischen Tod der beiden zunächst gelähmt gewesen sei. Doch inzwischen sei der Tod der beiden für viele - die sich etwa für Malawi engagiert haben - zu einer Initialzündung für eine geistliche Erneuerung geworden. Das Christen so konsequent ihren Glauben leben, kommt an. Die Gemeinde hat den besten Gottesdienstbesuch in der Stadt. Und sie wächst.
http://admin.telvi.de/preview/bibeltv.de/pressespiegel/Anita_und_Rita-4369.html
Artikel aus IDEA Spekturm Nr. 24 vom 16. Juni 2011 www.idea.de
www.immanuel-wob.de
(idea-Mitarbeiter Klaus Rösler erinnert an die beiden christlichen Märtyrerinnen und an die Folgen ihres gewaltsamen Todes.)
Zum Hintergrund: Die beiden Christinnen wollten in dem vorderasiatischen Land den Ärmsten der Armen helfen und absolvierten deshalb ein Praktikum als Pflegehelferinnen in einem staatlichen Krankenhaus in Saada im Norden des Landes. Anita und Rita sind Cousinen. Als überzeugte Christinnen wollen sie ihr Leben dazu einsetzen, dass es auf der Welt etwas gerechter zugeht. Noch während ihrer Ausbildung – Anita wird Kinderkrankenschwester, Rita Sozialversicherungsfachangestellte – fliegen beide mehrmals auf eigene Kosten nach Afrika. In Malawi – einem der ärmsten Länder der Erde – kümmern sie sich um Waisenkinder. Anita gefällt die Arbeit dort so gut, dass sie nach ihrer Ausbildung gleich wieder hinfliegt, zu einem Freiwilligen Sozialen Jahr. Warum handeln die beiden so selbstlos? Weil Jesus ihr Vorbild ist. Sie haben den christlichen Glauben zwar von Kindheit an in ihren Familien kennengelernt. Doch sie merken auch, dass es gut wäre, noch mehr über Gott und die Bibel zu wissen. Deshalb schreiben sie sich zu einer dreijährigen Ausbildung in der evangelikalen Bibelschule Brake im lippischen Lemgo (bei Bielefeld) ein. Dort lernen sie eine Hebamme kennen, die über ihre Arbeit in Saada im Jemen berichtet. Anita und Rita fühlen sich sofort angesprochen. Für sie steht fest: Das nächste Praktikum – kurz vor Abschluss ihrer Ausbildung – machen sie genau dort.
Jemen: Auf Abfall vom Islam steht die Todesstrafe
Dass es dort vielleicht gefährlich werden könnte, wissen sie. Aber sie haben keine Angst. Sie gehen nicht auf Abenteuerurlaub, sondern zu einem Hilfseinsatz. Sie informieren sich ausführlich über das Land. Sie erfahren, dass das Krankenhaus von der Bevölkerung sehr geschätzt wird und dass dort seit 30 Jahren nie etwas passiert ist. Im Jemen – das Land ist eineinhalb Mal so groß wie Deutschland und hat 22 Millionen Einwohner – ist der Islam Staatsreligion. Sie wissen: Die Werbung für andere Religionen ist in dem Land verboten. Der Abfall vom Islam wird sogar mit dem Tod bestraft. Den beiden Frauen ist auch bekannt, dass es knapp ein Jahr zuvor – am 17. September 2008 – einen Terroranschlag auf die Botschaft der USA gab. Und dass am 12. Dezember 2008 drei deutsche Staatsangehörige verschleppt wurden. Sie kamen aber kurze Zeit später wieder frei. Dennoch hatte das Auswärtige Amt in Berlin eine Reise- und Sicherheitswarnung erlassen, in der bei Reisen in den Jemen „wegen bestehender Terrorgefahr und Risiko von Entführungen zu besonderer Vorsicht“ geraten wird.
Der Vater will die Tochter von der Jemen-Reise abhalten
Einen Tag vor ihrem Abflug hat Vater Viktor Grünwald ein langes Gespräch mit seiner Tochter Anita. Sie scherzen miteinander. Dennoch hat er ein ungutes Gefühl: „Ich musste weinen. Ich weine sonst nie. Ich habe mir um Anita Sorgen gemacht.“ Er bittet seine Frau, Anita von der Reise abzuhalten. Er selber kann nur schlecht etwas sagen. Denn seine Tochter weiß, dass er kein Christ ist. Wenn er sich nun gegen einen christlichen Einsatz aussprechen würde, könnte das missverstanden werden. Er begleitet seine Familie zwar zum Gottesdienst, doch es ist ihm bewusst, dass er „nur halb dazugehört“. Denn er hat sich nie für ein Leben mit Jesus Christus entschieden. Und er weiß von einem Gespräch, das Anita mit ihrer Mutter geführt hat. Da ist der bedeutungsschwere Satz gefallen: „Wenn Papa dadurch zum Glauben käme, wäre ich bereit, dafür zu sterben.“ Hat er eine Vorahnung, oder ist es nur die Angst, die viele Väter beschleicht, wenn die Tochter auf Reisen geht? Viktor Grünwald weiß es nicht. Am 3. Juni fliegen Anita und Rita in den Jemen. Einen Tag später erhalten die Eltern eine SMS: „Wir leben nicht nur, sondern wir wurden hier richtig willkommen geheißen. So einen reibungslosen Ablauf hat bisher noch keiner von uns erlebt. Wir haben das Visum bekommen und der Abholer hat uns direkt am Ausgang empfangen. Wir können nur Danke sagen, weil es wirklich kein einziges Problem gab. Wir lieben Euch! Rita & Anita“. Es ist ihr letztes Lebenszeichen.
Sind die Entführer Terroristen?
Am 12. Juni haben die beiden frei. Mit Kollegen ist ein Ausflug in die Berge geplant. Mit dabei sind der Maschinenbauingenieur Johannes Hentschel, seine Frau Sabine und ihre Kinder Simon (1), Anna (3) und Lydia (5), ein britischer Ingenieur und eine Lehrerin aus Südkorea. Die Hentschels sind seit 2003 für das christliche, niederländische Hilfswerk „Worldwide Services" in dem Krankenhaus tätig. Was bei dem Ausflug passiert, darüber kann man nur spekulieren. Fest steht: Die Christen werden entführt. In der Region kämpfen Regierungstruppen gegen schiitische (also auch islamische) Rebellen. Medien wollen erfahren haben, dass die Entführung zwischen schiitischen Rebellen und dem islamischen Terrornetzwerk al-Qaida abgestimmt sein soll. Drei Tage nach der Entführung werden die Leichen der beiden Deutschen und der Koreanerin gefunden. Alle drei weisen Schüsse in den Hinterkopf auf. Von den übrigen Entführten gibt es keine Spur. Elf Monate später kommen überraschend die Kinder Anna und Lydia frei. Von ihren aus einem Dorf nahe Bautzen (Sachsen) stammenden Eltern, ihrem kleinen Bruder und dem Briten fehlt indes bis heute jedes Lebenszeichen.
2.000 Trauergäste - Die Sehnsucht ist groß
Die Leichen von Anita und Rita werden nach Deutschland überführt. An ihrer Trauerfeier in der Wolfsburger Immanuelgemeinde am 23. Juni nehmen rund 2.000 Trauergäste teil. Das Bundeskriminalamt rät den Eltern, sich die Toten nicht noch einmal anzusehen. Christliche Jugendgruppen aus ganz Deutschland beten für die Familien. Hunderte von Karten erreichen die Trauernden, in denen wildfremde Menschen ihre Anteilnahme bekunden. Manchmal sind diese Karten ein Trost, manchmal auch nicht. „Die Sehnsucht, Anita zu hören, sie zu umarmen, ist sehr groß. Diese Sehnsucht ist durch nichts zu stillen. Es bleibt uns nur, den Schmerz zu ertragen", sagt Mutter Rita Grünwald.
Anklage in den Medien: Sind die Deutschen selbst schuld?
Was die Familien - und nicht nur sie - aber besonders schmerzt, sind die Medien. Da werden nicht die Täter angeklagt, sondern es wird offen die Frage diskutiert: Haben die Bibelschülerinnen nicht selbst Schuld an ihrem Tod, weil sie in den Jemen gingen? Warum ging die entführte Familie Hentschel nicht in ein Krankenhaus in einem weniger gefährlichen Land? Da fragt die „Welt am Sonntag": „Waren die gläubigen Christinnen wirklich nur im Sozialdienst tätig - oder auch als Missionare?" „Bild" behauptet gar, die Geiseln seien ermordet worden, „weil der Familienvater im Jemen die Bibel verbreitete" (was nicht stimmte). Die „Berliner Zeitung" kommentierte kritisch: „Auch zu viel Christenliebe macht blind." Kein Wort wird darüber verloren, dass Nächstenliebe seit 2.000 Jahren das Kennzeichen der Christen ist. Oder wäre es besser gewesen, die Jemeniten einfach sich selbst zu überlassen? Anita und Rita wollten den Auftrag ihres Herrn erfüllen: „Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan" (Matthäus 25,40). Erst im April dieses Jahres erscheint auf Bibel TV eine Dokumentation, in der nachgewiesen wird, dass die beiden Wolfsburgerinnen eben nicht grob fahrlässig an einer „selbstmörderischen Missionsoffensive" beteiligt und deshalb von muslimischen Extremisten hingerichtet worden waren. Sie wollten helfen.
Nach dem Tod der Tochter wird Anitas Vater Christ
Anitas Wunsch an ihren Vater, ein Jesus-Nachfolger zu werden, geht in Erfüllung. Viktor Grünwald wird Christ. Doch Fragen und Zweifel bleiben. Er sagt: „Ich komme von der Warum-Frage nicht los. Und manchmal schimpfe ich auch. Aber der Tod kann nicht das Ende sein. Dann wäre der Schmerz nicht zu ertragen und alles wäre sinnlos. Ich habe die Hoffnung, meine Tochter wiederzusehen." Die Familien Stumpp und Grünwald nehmen im September 2009 auch an der Absolvierungsfeier der Bibelschule Brake teil, wo in der ersten Reihe zwei Stühle frei bleiben. Anita und Rita hätten da ihre Urkunden bekommen sollen.
Ein Traum wird wahr: Ein Kinderheim in Malawi entsteht
Anitas Traum war es, ein Waisenheim zu gründen. Ihre Immanuelgemeinde - eine der größten in Wolfsburg - sorgt dafür. Die bis zu 800 Gottesdienstbesucher zählende Gemeinde besteht vor allem aus russlanddeutschen Baptisten. Unter ihren über 600 Mitgliedern finden sich zahlreiche Helfer, die nach Malawi reisen, um in der Ortschaft Mdeka ein Kinderdorf auf die Beine zu stellen, gemeinsam mit dem überkonfessionellen evangelikalen Missionswerk „To all Nations". Das Projekt heißt „Aus Liebe zu Jesus". Das Dorf wird im November 2010 eingeweiht. Nach Ende des Ausbaus sollen dort über 100 Kinder ein neues Zuhause finden. Finanziert wird es durch Kinderpatenschaften. Für 35 Euro im Monat kann ein Kind dort umfassend betreut werden.
Ein Brief an die tote Schwester
Auch die Familien von Anita und Rita unterstützten das Projekt. Auf der von ihnen betreuten Internet-Erinnerungs-Seite „anitaundrita.de" rufen sie dazu auf, für Malawi zu spenden. Zugleich berichten sie offen und ehrlich, wie es ihnen geht. Der letzte Eintrag stammt von Ende April. Ritas Schwester Kristin hat einen Brief an ihre tote Schwester geschrieben. Darin heißt es: „Gerade jetzt brauche ich dich so sehr. Ich vermisse dich. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an dich denke. Ich brauche deine Ratschläge, deine liebevolle Art. Du hast mich so genommen wie ich bin. Du fehlst mir so sehr."
Die Heimatgemeinde erlebt eine geistliche Erneuerung
Auch in der Gemeinde sind Anita und Rita unvergessen. Ein „schwarzes Brett" im Gemeindezentrum berichtet über die Aktivitäten der Gemeinde im Ausland. Dort hängen Bilder der beiden Toten. Es geht um Mission und Entwicklungshilfe, auch um das ihnen gewidmete Kinderdorf in Malawi. Ebenso gibt es auf der Homepage der Gemeinde eine Rubrik „Anita und Rita". Dort heißt es: „Der Tod dieser beiden jungen Frauen hat die Gemeinde sehr erschüttert. Anita und Rita hatten in ihrem Leben eine ganz klare Vision: den Ärmsten der Armen - den Kindern - praktisch zu helfen." Gemeindeleiter Johann Dockter räumt ein, dass die Gemeinde nach dem tragischen Tod der beiden zunächst gelähmt gewesen sei. Doch inzwischen sei der Tod der beiden für viele - die sich etwa für Malawi engagiert haben - zu einer Initialzündung für eine geistliche Erneuerung geworden. Das Christen so konsequent ihren Glauben leben, kommt an. Die Gemeinde hat den besten Gottesdienstbesuch in der Stadt. Und sie wächst.
http://admin.telvi.de/preview/bibeltv.de/pressespiegel/Anita_und_Rita-4369.html
Artikel aus IDEA Spekturm Nr. 24 vom 16. Juni 2011 www.idea.de
www.immanuel-wob.de