Neil Young mit Crazy Horse in Mainz: Es gibt Dinge, denen die Zeit nichts anhaben kann.
So stehen sie miteinander da, in einem engen Halbkreis, leicht vornübergebeugt. Rechts Neil Young mit seiner Gitarre, ihm gegenüber der Gitarrist Frank „Poncho“ Sampedro, dazwischen der Bassist Rick Rosas, ein jeder in sein Treiben versunken und doch miteinander verschworen, in lautem Einverständnis. Eine klassische Aufstellung ist das für die Rockmusik – und es ist Rock im klassischen Sinne, der an diesem Abend gespielt wird.
Mit der Band Crazy Horse spielt Neil Young seit 1969 zusammen, parallel zu seinen Soloprojekten, alle paar Jahre kommt ein Album heraus, zuletzt 2013 „Americana“, mit Standards; die Besetzung hat sich abgesehen vom Wechsel auf der Position des Gitarristen 1975 mit Sampedro anstelle des an der Heroinabhängigkeit verstorbenen Danny Whitten nicht verändert – auch musikalisch handelt es sich um eine Affäre von ehernem Bestand. Prägend ist die pure prachtvolle Schlichtheit des Gitarrenspiels, das Konzert im Zuge des Festivals Summer in the City auf der Nordmole des Alten Zollhafens in Mainz beginnt mit einer Nummer von beinahe einer halben Stunde Dauer, auf der Basis von „Down by the River“ von 1969, Strophen und Refrain sind mehr als die Neben-, ganz sicher aber nicht die zentrale Sache.
Das ist großer Rock’n’Roll-Zirkus
Alles ist so spektakulär wie unspektakulär. Das ist großer Rock’n’Roll-Zirkus, im Wortsinne zirzensisch ist nichts. Neil Young ist ein Musiker, der kein Aufhebens um sich macht. Die Kollegen von Crazy Horse halten es genauso. Entspannt und konzentriert zugleich wirken sie, Young – er trägt eines der mit dem Wort „Earth“ bedruckten T-Shirts, die er am Eingang hat kostenlos verteilen lassen und einen schwarzen Hut und wirkt mit seinen 68 Jahren lässig alterscool – strahlt eine beiläufige Wohllaunigkeit aus.
Das Konzertrepertoire besteht aus Klassikern überwiegend, „Like a Hurricane“ und „Hey Hey, My My“ fehlen. Gegen Schluss hin spielt Young allein auf der akustischen Gitarre und mit der Bluesharp, begleitet nur von den beiden gospel-schwarzen Choristinnen, Dylans „Blowin’ in the Wind“ und seinen eigenen Song „Heart of Gold“. Am Ende steht „Who’s Gonna Stand Up and Save the Earth“, eine Agit-Hymne unter Youngs Niveau, für sein Engagement beginnt er gar einmal zu reden, es ist eine der ganz wenigen Ansagen. Ansonsten nur große Momente, einer auf den anderen.
Eine konservative Angelegenheit durch und durch. So ähnlich und doch unikathaft hat man das schon vor Jahrzehnten erleben können. Es gibt Dinge, denen die Zeit nichts anhaben kann.
Von Stefan Michalzik (aus Frankfurter Rundschau 30.7.14)
Ich bin im Moment im Urlaub unterwegs und meine Frau kaufte die FR. Als Neil Young Fan freut mich eine gute und positive Berichterstattung, zumal ja Neil Young auch schon schlechtere Tage hatte. Schade, dass wir nicht dabei gewesen sind.