Fünf Jahre „Rohr-meisterei Unplugged“: Chris Kramer lud zum Bluesfestival
Chris Kramer hatte zum Bluesfestival eingeladen – als einer von vielen musikalischen Gästen war unter anderem die Big Band der städtischen Musikschule dabei. Fotos: Nadine Przystow
Schwerte. Draußen klimperte der Regen sein trauriges Lied und drinnen wetterte der Gute-Laune-Blues. Der Mann mit der Mundharmonika, Chris Kramer himself, hat es wieder einmal geschafft, mehr als 250 Zuschauer in seinen Bann zu ziehen – diesmal in Halle 3 der Rohrmeisterei. Denn zum fünfjährigen Bestehen der Unplugged-Reihe hatte sich der Vollblutmusiker ganz besondere, vor allem aber besonders viele Gäste eingeladen, mit denen er am Donnerstag ein regelrechtes Bluesfestival auf die Bühne brachte.
Kramer bekam Unterstützung von gleich mehreren Musikgruppen aus der Schwerter Schullandschaft. Den Anfang machte die Klasse 7b der Realschule am Stadtpark mit dem spirituellen Gospelstück „Go Down Moses“. Nach dem Gesangspart zückten alle 25 Schülerinnen und Schüler eine Mundharmonika aus der Hosentasche und stärkten dem Profi den Rücken. Gemeinsam mit der vierten Klasse der Grundschule Villigst und der zweiten Klasse der Albert-Schweitzer-Schule bildeten sie einen Chor, der Kramers „Kleine Mundharmonika“ aus dem gleichnamigen Musical, das erst in diesem Jahr seine Premiere feierte, erklingen ließ.
Musikschule gleich dreimal vertreten
Auch mit dem Streicher-Ensemble der städtischen Musikschule präsentierte Chris Kramer zwei Stücke aus seinem Musical. Insgesamt war die Musikschule mit drei Gruppen vertreten. Hannah Hantschel, Sängerin der Rockband, beeindruckte bei Ray Charles’ „Hit The Road Jack“ und Duffy’s „Mercy“ nicht nur mit einer warmen, kraftvoll tiefen Stimme, sondern auch mit ihrem lässigen Auftreten neben Gastgeber Kramer. Der griff gemeinsam mit der musikschuleigenen Big Band ordentlich in die Kiste der klassischen Bluesmusik und schmetterte dem Publikum unter anderem „Gimme Some Lovin’“ von den Blues Brothers, entgegen.
Die Jungen und Mädchen des Musik-Grundkurses vom Friedrich-Bährens-Gymnasium bekamen von ihrem Lehrer eine ganz besondere Aufgabe gestellt: Jeder, egal ob Gesang, Trompete, Gitarre, Bass oder Schlagzeug, musste sich ein Fill, also eine musikalische Überbrückung, als ausschmückendes Element für den Klassiker „St. Louis Blues“ ausdenken. Mit wenigen Unsicherheiten klappte das schon ganz gut, nur am harmonischen Zusammenspiel müssen die Jugendlichen noch etwas arbeiten.
Für eine Überraschung sorgte die Schülerband des FBG, die mit „Sweet Home Chicago“ und „Tush“ (Song ist von ZZ TOP) sich dem Blues-Thema wie selbstverständlich anschloss und zur großen Freude Kramers sogar eine Blues-Mundharmonika im Gepäck hatte. „Einwandfrei“, lobte ein Zuschauer die Leistung der sechs jungen Männer nach ihrem Auftritt. Und auch Chris Kramer ist sich sicher: „So wird Bluesmusik immer weitergehen.“
Den Blues in den Fingern
Zwei gestandene Herren, die den Blues wirklich im Blut und vor allem in den Fingern haben sind Jens Filser und Markus Wienströer. Die beiden Spitzen-Gitarristen haben noch nie gemeinsam gespielt auf einer öffentlichen Bühne gespielt – dass es endlich einmal Zeit war, bewiesen sie, als sie in der Rohrmeisterei ihre Premiere hatten. Filsers expressive Dynamik und Wienstroers entspannte Zurückhaltung fügten sich wunderbar zusammen. Sie spielten „Cold Duck Time“ von Eddie Harris, „Sister Sadie“ von Horice Silver und Earl Kings „Come One“ – einfach „Sachen, die grooven“, wie Jens Filser selbst ankündigte. Und wie es groovte: Das war Musik für Fuß und Kopf, der eine wippte, der andere nickte. Filser begeisterte zudem mit seinen stimmlichen Qualitäten.
Zum Schluss gab sich auch der Gastgeber die Ehre, das Jackett abzulegen und den Blues aus dem Käfig zu lassen. An seiner Seite hatte er den kongenialen Beatboxer Kevin O’Neal, der für das Schwerter Publikum inzwischen ein alter Bekannter ist, und Markus Wienstroer an der E-Gitarre. O’Neal sorgte immer wieder für ungläubige Blicke und Kopfschütteln, wenn er allein mit seinem Mund ein komplettes Schlagzeug imitierte. In Kramers „Habt ‘ne gute Zeit“ trommelte (?) er sich in Ekstase, dass die Wände nur so wackelten.
Und Chris Kramer? Der ließ sich mitreißen und hatte wenig später eine Saite seiner Rhythmusgitarre in der Hand: „Das kann schon mal passieren, wenn man mit so zwei geilen Musikern spielt“, kommentierte er, verschwand für einen kurzen Augenblick und machte mit der nächsten Gitarre weiter – zum Glück! Sonst hätte der faszinierte Zuschauer womöglich noch das bewegende Instrumentalstück „Der Traum“ aus Kramers Musical verpasst. Einmalig, wie dosiert Kevin O’Neal die rhythmischen Akzente setzen kann und sich E- und Akustikgitarre gegenseitig anziehen.
(aus: Blickwinkel - Nachrichten aus Schwerte; Korrektur meinerseits, da 2 Fehler bei Titelbezeichnungen im Text waren.)