Am Sonntag, den 10. Juli waren Natascha und ich auf der Rückfahrt von der Loreley. Wir waren dort auf einem Prog Rock Festival für zwei Tage. Eigentlich sollte man dann Musikmüde sein, zumal ein Konzert der Band Dream Theater viel zu laut gewesen war (trotz Ohrenstopfen). Aber meine Frau hatte kurzentschlossen noch Karten für das Gregg Allman Konzert in Bonn auf der Museumsmeile erstanden. Ich habe die Musik Ende der 70er Jahre von den Allman Brothers entdeckt. Ausschlaggebend kann ein Konzert von Dickey Betts & the Great Southern gewesen sein, dass der Rockpalast im TV und Radio aus Essen übertragen hatte. Dann gab es eine Zeit in den 90er Jahren, wo ich die Musik der Band nicht mehr hörte. Seit ein paar Jahren laufen die Songs wieder in meinem Player und meine Frau fand auch gefallen an der Musik. Dann brachte Gregg Allman nach seiner schweren OP eine Bluesaufnahme mit alten Klassikern heraus, die uns beide in den Bann zog. Also ab nach Bonn. Wir haben es nicht bereut. Gregg wirkte zwar etwas angeschlagen und verschnupft (er brach die Tournee krankheitsbedingt Tage später ab), aber es war ein denkwürdiger Abend. Es begann eine 3 Mann Combo um den jungen (19 Jahre alt) Gitarristen Krissy Matthews. Ich machte die Augen zu und meinte bei vielen Passagen Rory Gallagher zu hören. Kein Wunder, er war sein großes Vorbild, wie ich später in einem Artikel der BLUESNEWS las. Danach kamen Tedeschi Trucks Band - insgesamt 11 Musiker auf die Bühne. Susan und Derek sind seit 12 Jahren verheiratet, haben aber bisher getrennt mit ihren eigenen Bands gearbeitet. Ein neues Projekt, die Tedeschi Trucks Band und wir waren begeistert. Ein weiterer späterer Höhepunkt war, als im Konzert von Gregg und seiner Band nacheinander Derek und Susan zur Session für 3 Songs auf die Bühne kamen. Gregg war hocherfreut. Derek ist ja auch Gitarrist bei den Allman Brothers. Ein tolles Feeling bei den Zuschauern vor der Bühne. Selbst die Lautstärke war gemäßigt und gut auszuhalten. Einziger Wehmutstrophen - ich konnte nicht so lange Bandscheibenbedingt stehen und das mitgebrachte Dreibein musste ich am Eingang abgeben.
Gregg Allman Band auf dem Museumsplatz
Nachfolgend ein Artikel des Bonn General Anzeigers:
Von Gert auf der HeideNachfolgend ein Artikel des Bonn General Anzeigers:
Bonn. Wenn Menschen vom Tod vorgemerkt wurden, suchen sie Trost, Zuversicht und Kraft. Wenn Musiker auf dieser Liste stehen, wenden sie sich nicht selten dem Blues zu. Beim Schmuse-Rocker Chris Rea war das so und auch bei Gregg Allman. Als der 63-Jährige im vergangenen Jahr auf eine Lebertransplantation wartete, begann er mit den Aufnahmen für seine jüngste CD "Low Country Blues". Den Songs der alten Meister verpasste er darauf einen ganz persönlichen Dreh.
Der Blues hat seinen Job offenbar gut erledigt. Allman hat wieder Kraft. Als er am Sonntag auf dem Museumsplatz "Don't keep me wonderin" intoniert, klingt das sehr gesund. Immer noch gepresst und knödelig, wie es sein Markenzeichen ist, aber voller Tatendrang. Den Blues braucht der Amerikaner nicht mehr ganz so dringend. Von "Low Country Blues" spielt er an diesem Abend lediglich drei Songs.
Allman tut das, was er die meiste Zeit seines Lebens gemacht hat. Er widmet sich weitgehend dem Werk der Allman Brothers. Mit seinem Bruder Duane gründete er 1969 jene Band, die damals den bis heute gültigen Standard setzte, was die Verschmelzung von Blues, Jazz und Soul angeht. Duane starb 1971 an den Folgen eines Motorradunfalls, aber Gregg hielt den Laden zusammen.
Wenn die Gregg Allman Band Songs der Allman Brothers interpretiert, klingt das anders. Kompakter, weniger verspielt, mehr auf den Punkt gebracht. Klassiker wie "Whipping Post" oder "Melissa" kennt man in 15-Minuten-Versionen, in diesem Rahmen müssen fünf Minuten reichen. Das Saxofon von Jay Collins gibt vor allem "Whipping Post" eine andere Farbe. Was sonst perlt, ist jetzt viel erdiger. Gerade beginnt man sich zu fragen, was ein kompletter Bläsersatz mit diesem Lied anstellen könnte, da ist es auch schon vorbei.
Zu "Can't be satisfied" kommt Derek Trucks, Allmans Mitstreiter bei den "Brothers", auf die Bühne. Sofort steigt der Lautstärke-Pegel im Publikum um einige Dezibel. Nicht wenige der nur 2 000 Zuschauer auf dem luftig gefüllten Platz sind wegen ihm gekommen. Selbst gestandene Profis wie der deutsche Blueser Henrik Freischlader und der holländische Rocker Julian Sas haben sich unter die Leute gemischt, um dem Slide-Meister auf die Finger zu schauen.
Im Vorprogramm hatte Trucks sein neues Projekt vorgestellt. Seit wenigen Monaten steht er gemeinsam mit seiner Frau Susan Tedeschi auf der Bühne und beglückt die Menschen mit einer Band in Fußballmannschaftsstärke. Trucks platzt vor Musikalität und er ist ein Eklektiker. Eben noch hat er einen Song mit indischen Klängen eingeleitet, im nächsten Moment zitiert er den Soul-Funk von Sly & the Family Stone.
Tedeschis kernige Gitarre holt ihn aber stets auf den Boden zurück, ihr gereifter Gesang gibt beinahe jedem Song eine bluesige Note. Vielleicht ist die zierliche Frau sogar der Star des Abends, vor allem deshalb, weil sie kaum jemand auf der Rechnung hatte. "Revelator", der Erstling der Tedeschi Trucks Band, ist am Merchandisingstand anschließend sehr gefragt.
Mit Trucks klingt die Gregg Allman Band mehr nach Allman Brothers. Die zweite Gitarre neben der von Scott Sharrard tut dem "Brothers"-Song "Dreams" gut. Alles ist jetzt ausufernder, sprengt die Grenzen. Die musikalischen Doppelpässe werden mit der Selbstverständlichkeit des FC Barcelona gespielt. Als sich zu "Feel so bad" auch noch Susan Tedeschi hinzugesellt, erhebt sich die Band übers Champions-League-Niveau hinaus.
20 Jahre lang mussten die zahlreichen Allman-T-Shirt-Träger auf solche Momente warten. Im Juli 1991 spielte Gregg Allman zuletzt in Deutschland, damals im Kölner E-Werk mit den "Brothers". Beim nächsten Mal darf es ruhig schneller gehen. Der Tod soll gefälligst warten.
Artikel vom 12.07.2011 Bonn General Anzeiger, Fotos: Bonn General Anzeiger