Jubiläum: 150 Jahre Cable Cars in San Francisco
San
Francisco (dpa) - Oft drohte ihnen das
Aus, doch nun haben die Cable
Cars in San Francisco einen in der Welt einmaligen Meilenstein geschafft. Die altertümlichen
Straßenbahnen, die an
beweglichen Stahlkabeln durch die hügelige
Westküstenmetropole rattern, feiern ihr 150. Jubiläum. San Franciscos
Bürgermeisterin London Breed läutete das Jubiläumsjahr der Cable Cars am
Dienstag (Ortszeit) mit einer Fahrt auf der historischen, grün gestrichenen
Holzbahn "Big 19" ein, Baujahr 1883. Schon damals sei San Francisco
mit Kreativität und neuen Erfindungen vorangegangen, sagte die Bürgermeisterin
der Tech-Metropole. Anstoß für die Kabelbahn waren die steilen
Straßen der Stadt. Der vom Goldrausch in Kalifornien angelockte Brite Andrew
Hallidie wollte es nicht länger ansehen, wie sich Pferdekutschen an den Hügeln
abmühten. Seine Stahlseile, die schon
in Goldminen im Einsatz waren, verlegte er nun in Straßenschienen.
Im August
1873 ratterten die ersten
Cable Cars durch die Stadt.
Der Antrieb für die Wagen
ist ein kilometerlanges Stahlseil, das knapp unter der Straßendecke in einer
Spur verläuft und ständig in Bewegung ist. Die Kabel werden in einer
zentralen Schaltstelle von einem riesigen Motor angetrieben. Das einfache
Antriebssystem fand schnell in aller Welt Nachahmung. Städte wie New York,
Chicago, Los Angeles, London, Paris, Sydney und Melbourne hatten zeitweise
Cable Cars - bis die elektrischen
Straßenbahnen mit Oberleitungen, preiswerter und schneller, in Führung gingen.
Heute gibt es sie nur noch in San Francisco -
und das ist vor allem dem Einsatz einer Frau zu verdanken, erzählt Rick
Laubscher von der "Market Street Railway"-Stiftung, die um
den Erhalt der historischen Bahnen kämpft. 1947 wollte der damalige
Bürgermeister alle Cable Cars zugunsten billigerer Busse abschaffen. Die Aktivistin
Friedel Klussmann legte sich mit einer Bürgerinitiative ins Zeug, die Wähler
stimmten mit großer Mehrheit für den Erhalt. Seit 1964 stehen die Wagen
als "National Historic Landmark" sogar unter Denkmalschutz.
Vor dem
schweren Erdbeben von 1906 gab es mehr als ein Dutzend Linien, heute sind noch
drei in Betrieb. Jährlich rumpeln Millionen Fahrgäste durch die Stadt,
für Touristen ein Muss, wie der Besuch bei der Golden Gate Brücke. Calvin Watts
sieht seinen Kunden das Fahrvergnügen an. Seit zwölf Jahren ist der frühere
Busfahrer nun Cable-Car-Schaffner. "Ich sehe 50-jährige Männer, die zu
kleinen Kindern werden. Die springen
während der Fahrt vor lauter Freude rum und ich muss sie etwas bremsen",
sagt Watts mit einem Augenzwinkern.
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(R) Barbara Munker/dpa |
Nichts geht ohne den "Gripman": Das
ist der Fahrer, der die Bahn
mit dem "Grip", einer Art Zange unter dem Fahrzeugboden, an das
ständig laufende Stahlseil festklemmt. Mit Tempo 15 geht es dann die Hügel
rauf und runter, teilweise mit einem Gefälle von 21 Prozent. "Man muss fit
und beweglich sein, und vor allem darf man keine Angst haben", sagt
Derrick Johnson. Seit 23 Jahren hat er als Gripman den Hebel in der Hand. Er
vertraue der uralten Technik, doch hin und wieder komme es vor, dass ein Auto
in ein Cable Car fährt.
Neben dem
Hebel müssen auch noch Bremsen und die schwere Glocke der Cable
Cars bedient werden. Mit dem Geläute werden Autofahrer und Passanten gewarnt,
Abstand zu halten. Es gibt auch Klingelwettbewerbe, in denen die Mitarbeiter
um den Titel als "World Champion Bell Ringer" kämpfen.Im
Jubiläumsjahr werben die Verkehrsbetriebe
nun mit günstigeren Tickets, Touren durch die Cable-Car-Werkstatt und
Fahrten auf frisch renovierten Bahnen. "Das sind Fahrzeuge, auf denen
schon die Urgroßeltern
fuhren", begeistert sich Rick Laubscher. "Das poltert, das schwankt,
das macht einfach Spaß".
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1998 selbst vor Ort |
Und welcher
ist der beste Platz in den teilweise offenen Holzwagen? Schaffner Watts muss es
wissen. "Ganze vorne, die Stehplätze
an der Kante". Dort steht man auf einer kleinen Plattform, hält sich an
einer langen Stange fest und lehnt sich während der Fahrt ins Freie hinaus.
"Das gibt es wirklich nur an einem Ort in der Welt", sagt Watts und
grinst.
aus: Süderländer Tageblatt